Nach einem schweren Verkehrsunfall, einem Jahr Reha und mühsamen Wieder-auf-die-Beine-kommens, stand ich vor der Entscheidung, weiterhin leichtes Muskelaufbautraining und Cardio in einer ambulanten Reha-Einrichtung zu machen, um meine Gesundheit zu erhalten – oder meinen Kindheits- und Jugendtraum wahr zu machen und endlich Karate zu erlernen. In den 70ern war die Zeit der großen Bruce Lee Welle und uns als Kindern war es vollkommen egal, dass das, was er machte gar kein Karate sondern Jeet Kun Do war. Andere Sendungen wie „Kung Fu Caine“ befeuerten die Faszination weiter. Später folgte exzessiver Konsum sämtlicher „37 Todeskammern der Shaolin“-Discountproduktions-Eastern, die man sich nur vorstellen konnte, ein paar Judostunden im heimischen Garten, ein bisschen nächtliches Kendo unter Alkoholeinfluss, „Bloodsports“, „Karate Kid“, „Karate Tiger“ usw. – aber den Weg in ein Dojo fand ich nicht. Bis zu diesem einschneidenden Erlebnis, dass mir zum ersten mal richtig bewusst machte, dass man sein Leben nutzen muss, um seine Träume zu verwirklichen.
Karate kann, wenn man es zulässt, weit mehr als eine coole Freizeitbeschäftigung, ein Fitnesstraining oder Selbstverteidigung sein. Karate kann sich, ist es erstmal als Kampfkunst begriffen, zu einem Lebensinhalt entwickeln, zur Philosophie und Weltanschauung. Ist Karate kriegerisch? Ja, natürlich, es ist seine Natur. Aber Karate trägt auch den Frieden in sich, als Bestandteil des gleichen TAO. Der Frieden, der den Kampfgeist zügelt, ist Teil des Zenkarate, sodass der Mensch in der Meditation nicht nur das Erlernte festigt, sondern zu sich und zu innerem Gleichgewicht findet.